News aus dem deutschen Theater
16.07.23
Wilde Zeitreise in die Flower-Power-Ära
Vor 55 Jahren feierte die erste deutsche Inszenierung von Hair Premiere in München. Der damals 19-jährige Journalist Christian Ude war als Kritiker für die Süddeutsche Zeitung vor Ort. Später wechselte er, wie man weiß, in die Politik und war viele Jahre Münchner Oberbürgermeister. Im politischen (Un)Ruhestand hat er nun offensichtlich Zeit und Lust sich seiner früheren Profession zu widmen. Als er diesmal von der Abendzeitung angefragt wurde, ob er eine Kritik über die neue Hair-Inszenierung schreiben möchte, sagte er dafür gerne zu: „Mit Hair verbindet mich persönlich wahnsinnig viel. Das war meine erste Musical-Kritik, die ich in der Süddeutschen Zeitung schreiben durfte. Aber es war nicht so sehr eine Kritik, als vielmehr der Bericht im Lokalteil über das Spektakel drum herum. Denn das war ja fast noch kurioser als das Stück selber, denn da wurde wirklich das Establishment, das im Stück angeprangert wird, sehr untergeben gefeiert und gewürdigt und man wurde von Rokoko-Dienern bedient. Darüber habe ich mich eher lustig gemacht, weil ich das befremdlich gefunden habe. Aber natürlich hat mich der Sänger Ron Williams so begeistert, dass ich ihn auch interviewt habe. Damit hat eine Freundschaft begonnen, die bis auf den heutigen Tag anhält.“
Ron Williams konnte bei der Premiere leider nicht dabei sein, weil er selbst einen Auftritt hatte. Aber noch vor der Premiere traf der Hud von 1968 auf den Hud von heute (wir berichteten). Zahlreiche andere Münchner Promis ließen es sich am Samstagabend aber trotz der heißen Temperaturen nicht nehmen, bei der großen Flower Power-Sause dabei zu sein, darunter Schauspielerin Michaela May. Die wird im September auch selbst wieder auf unserer Silbersaal-Bühne stehen. Dann präsentieren wir nach der Uraufführung im vergangenen Jahr wieder Stefan Kastners Wiesn-Satire „Die Rückkehr der Delphine, in der sie die Rolle der Bavaria übernehmen wird. Zur Premiere von Hair kam sie aber ganz stilecht im „Blumenkind“-Outfit. Und an die Zeit damals kann sie sich auch noch gut erinnern: „Das war unsere Zeit. Ich habe das in London gesehen. Das war natürlich Woodstock! Wir haben die erste Tüte geraucht, Freiheit und Abenteuer und liebet einander, wir tragen die Haare so wie wir wollen und nicht wie wir müssen, sich befreien von allen Zwängen, … Das war die Zeit!“
Von der Art wie das Salzburger Landestheater diese Zeit nun mit Hair nach 55 Jahren ins jetzt und heute gebracht hat und deutlich macht, dass viele Themen von damals aktueller sind, als jemals zuvor, zeigte sich das Premierenpublikum begeistert. Am Ende wurden Cast und Band mit Standing Ovations und im Anschluss im Foyer eine rauschende Party gefeiert.