Geschichte
Ausflug ins Zelt und glanzvolle Rückkehr
Nur ca. zwanzig Jahre nach der letzten Sanierung fordert der Stadtrat eine Expertise über den baulichen Zustand des Deutschen Theaters an. Eine Sanierung wird mit 119 Millionen Euro veranschlagt und eine Ausschreibung zum Verkauf empfohlen. Nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren “Rettet das Deutsche Theater” mit etwa 60.000 Unterschriften wird im Dezember 2003 eine Notsanierung beschlossen, um das Theater weitere vier Jahre bespielbar zu machen. Diese Zeit will die Stadt nutzen, um einen privaten Investor für die Musicalbühne zu finden. Im Oktober 2005 verabschiedet sich der langjährige Geschäftsführer Heiko Plapperer-Lüthgarth mit einem großen Festakt von seiner Bühne. Andrea Friedrichs übernimmt für nur 15 Monate als Geschäftsführerin die Leitung des Hauses.
Max Raabe („Palast Revue“, 2003, 2004 und 2007)
Mit Max Raabe feierte die Revue-Welt ihre strahlende Wiedergeburt. Der Mann im Frack wurde mit Evergreens wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ zum charmanten Botschafter der 20er Jahre und zum Weltstar, der sogar die Hochzeit von Marilyn Manson und Dita von Teese musikalisch begleiten durfte. Bereits 1986 gründete er mit Freunden das Palast Orchester, das Chansons und Lieder im Stil der 1920er und 1930er Jahre aufführte. Erstmals einem größeren Publikum bekannt wurde er 1994 durch den Auftritt in der Film-Komödie „Der bewegte Mann“ gemeinsam mit dem Palast Orchester. Zwei Jahre später folgte sein erstes Engagement als Filmdarsteller in der Rolle des Attila im Fernsehfilm „Charleys Tante“. In den Jahren 2003, 2004, 2007 brachten Max Raabe und sein Palast Orchester das Deutsche Theater zum Swingen.
2006 hebt man das erste Bieterverfahren zum Verkauf des Theaters auf, da es zu keinem wirtschaftlichen Ergebnis geführt hat. Einige Monate später startet eine europaweite Ausschreibung für den Gebäudekomplex. Die Stadt sucht einen Bewerber, der den Erhalt des renommierten Deutschen Theaters sicherstellt. Der Betrieb soll für mind. 25 Jahre garantiert werden. Bedingungen: 1.500 Sitzplätze und jährlich mindestens sechs vollwertige Veranstaltungsserien. Doch alle Pläne zerschlagen sich, nachdem klar wird, dass eine Veräußerung zwangsläufig einen negativen Kaufpreis nach sich ziehen würde.
Am 14. Februar 2007 beschließt der Stadtrat, den Theaterbetrieb als städtische Einrichtung zu behalten. Die Stadt wolle einem privaten Investor nicht 30 Millionen Euro geben und gleichzeitig das Gebäude und den Einfluss auf den Theaterbetrieb verlieren, teilte Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Hep Monatzeder mit. Das Theater bleibt in städtischer Hand. 2007 übernehmen Carmen Bayer und Werner Steer, die bereits als Juristin bzw. Prokurist für das Theater tätig waren, die Geschäftsführung des Deutschen Theaters und damit kurz darauf auch die Aufgabe, den Spielbetrieb während der anstehenden Sanierung weiterzuführen.
Denn als der Stadtrat Anfang 2008 die Generalsanierung des Hauses in der Schwanthalerstraße beschließt, entscheidet man sich dafür, das Theater – im Gegensatz zur Sanierung 1982 – nicht zu schließen, sondern das Programm in einem Zeltkomplex in Fröttmaning unweit der Allianz Arena fortzusetzen. Die Bauarbeiten in der Schwanthalerstraße beginnen im Juni 2008 und sollen im November 2011 abgeschlossen sein.
Das “neue” Deutsche Theater in Fröttmaning besteht seine Feuertaufe im noch unfertigen Zustand mit der Ausrichtung der Abschiedsgala von Oliver Kahn am 3. September 2008. Am 16. Oktober findet schließlich die erste große Premiere in Fröttmaning statt: “In Nomine Patris” wird uraufgeführt. Doch das Medien-Echo auf das unter anderem kirchenkritische Musical ist alles andere als erfreulich: “Das Zelt ist schön. Und damit ist das Posititve über diesen Abend gesagt”, schreibt etwa die “Süddeutsche Zeitung”. Den Start am ohnehin von vielen mit Skepsis beäugten Standort Fröttmaning machen die negativen Kritiken natürlich nicht leichter. Trotzdem schafft man es in der Folge mit Produktionen wie “My Fair Lady”, “Swan Lake” und “The Rocky Horror Show” das Publikum nach Fröttmaning zu locken. Ausverkaufte Vorstellungen belegen die Attraktivität des Programms und des Ersatzspielortes im Münchner Norden.
Senta Berger („HAPPY BIRTHDAY SENTA BERGER – WIENER MELANGE IM DEUTSCHEN THEATER“, 2011)
Faszinierend – dieses Wort passt in verschiedenster Weise auf Senta Berger. Faszinierend ist ihre Filmografie, die mehrere Seiten füllt, ebenso die Preise, mit denen die österreichische Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Ihr Publikum fasziniert sie aber auch immer wieder mit Lesungen oder als Sängerin auf der Bühne. Anlässlich ihres 70. Geburtstages verwandelte sie das Deutsche Theater für einen Abend mit ihrer musikalischen Lesung in einen Wiener Musentempel – nicht nur das Publikum war verzaubert und hingerissen: “Als sie kurz innehält, sind in der Stille plötzlich Vögel zu hören, (…). Wahrscheinlich hat Senta Bergers Stimme sie angelockt.”
Bereits im Juni 2009 kommt es aufgrund der Feststellung von Rissen im U-Bahn-Tunnel unterhalb des Theaters zu ersten Verzögerungen bei der Sanierung in der Schwanthalerstraße. Weitere Probleme sorgen mehrfach für die Verschiebung des geplanten Eröffnungstermins. Der Spielbetrieb in Fröttmaning endet mit der Dernière des Musicals “Anything Goes” am 22. März 2013. Mehr als 1 Million Besucher wird man dann im Fröttmaninger Theaterzelt zählen können. Am 17. Juni soll nach derzeitigem Stand der Umzug des Theaters von Fröttmaning in die Schwanthalerstraße folgen, die Wiedereröffnung an einem noch nicht bekannten Termin im Herbst/Winter 2013/2014.
Am 17. Januar 2014 konnte der rote Teppich dann endlich wieder ausgerollt werden in Münchens Herzstück der gehobenen Unterhaltung. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Christian Ude, dem Aufsichtsrat und dessen Vorsitzenden Hep Monatzeder sowie dem Kulturreferenten Dr. Hans-Georg Küppers konnten die Geschäftsführer des Theaters Carmen Bayer und Werner Steer die Traditionsbühne in der Schwanthalerstraße wieder eröffnen. „Ich freue mich, dass eine Münchner Tradition am Leben gehalten wurde“, so Ude in seiner Ansprache. „Das Deutsche Theater ist nun endlich wieder der ,Palast des Lächelns‘“.
Neben Christian Ude, Hep Monatzeder, Carmen Bayer, Werner Steer und dem neuen Theatergastronomen Lorenz Stifl begrüßte Moderatorin Marion Rüb dann noch einen Überraschungs-Laudator auf der Bühne. „Eigentlich sollte ja Ministerpräsident Horst Seehofer heute auch da sein“, so Rüb. Allerdings sei er wegen der gleichzeitig stattfindenden Filmpreis-Verleihung leider verhindert. Als würdigen Ersatz habe man aber den „ewigen Landesvater“ Franz-Josef Strauß gewinnen können. Und in seiner Paraderolle brachte Kabarettist Helmut Schleich dann den Saal zum Toben. München sei zwar eher rotes Terrain, so Strauß: „Aber nachdem bei der letzten Wiedereröffnung vor 30 Jahren der Erich Kiesl, den ich damals als Oberbürgermeisterattrappe installiert hatte, die Eröffnungsrede derartig versaubeutelt hat, dass nach ihm der Loriot auftreten musste, um die Kastanien aus dem Feuer zu holen, habe ich mich entschlossen, diesmal lieber gleich selbst zu kommen.“
Doch er war beileibe nicht der einzige Prominente, der der Einladung ins Deutsche Theater gefolgt war. Zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und natürlich auch aus dem Unterhaltungs-Genre feierten die Wiedereröffnung des Deutschen Theaters. Darunter auch Musical-Star Patrick Stanke, der mit einer spontanen Gesangseinlage die atemberaubend neue Akustik des Theaters demonstrierte. Und diese kam dann beim Konzert der Münchner Philharmoniker so richtig zum Tragen. Eigens für den festlichen Anlass hatte das Spitzen-Orchester der Stadt unter Leitung von Asher Fisch ein Programm mit Musical-Kompositionen von Leonard Bernstein und George Gershwin zusammengestellt.
Für große Gefühle und Gänsehaut sorgte vor allem die Zugabe. Edward Elgars „Land of Hope and Glory“ hatte man mit einem passenden Text versehen. „Unser Deutsches Theater, Münchens Mega-Star. Endlich wieder eröffnet, ist das wunderbar. Münchens größtes Ballhaus, lädt Sie wieder ein. Muss nicht länger zelten, was kann schöner sein!“ Am Ende regnete es glitzernde Konfetti von der Decke und mit Standing Ovations bejubelten die Gäste einen unvergesslichen Eröffnungsabend im Deutschen Theater.
Die Besucherzahlen seit der Wiedereröffnung sprechen für sich und zeigen eindrucksvoll, wie sehr das Deutsche Theater den Menschen im Herzen der Stadt gefehlt hat. Mehr als 300.000 Besucherinnen und Besucher strömten ab 2014 alljährlich in das Haus, das 2016 seinen 120. Geburtstag feierte. Unter anderem mit einem großen Hoffest und einer öffentlichen Probe des Musical-Klassikers „Tanz der Vampire“. Im selben Jahr wurden Carmen Bayer und Werner Steer vom Münchner Stadtrat als Geschäftsführer bis 2021 bestätigt.
Bonnie Tyler („40 Years It’s A Heartache Tour”, 2018)
Seit mehr als 40 Jahren begeistert Bonnie Tyler ihre Fans mit ihrer unverkennbaren heiseren Stimme, produzierte 16 Alben und rund 80 Singles und verkaufte mehr als 100 Millionen Platten. Bonnie Tyler ist international die „First Lady der Rock-Musik“. Im Rahmen ihrer „40 Years It’s A Heartache Tour“ war die Rockröhre der 80er Jahre live mit Band auf unserer Bühne zu Gast. Im Gepäck alle ihre Welterfolge, darunter so bekannte Nummern wie ihr erster großer Erfolg „Lost In France“, aber natürlich auch ihre drei berühmtesten Songs „It’s A Heartache“, „Total Eclipse Of The Heart“ und „Holding Out For A Hero“ aus dem Soundtrack „Footloose“.
In den Jahren darauf steigerte sich die Besucherzahl pro Jahr sogar auf über 350.000. Bis schließlich die Corona-Krise im März 2020 auch dem Spielbetrieb in der Schwanthalerstraße ein jähes Ende bereitete. Dieser fiel auch das geplante Fest zum 125. Geburtstag im September 2021 zum Opfer. Mit der Münchenpremiere des Musicals Der Schuh des Manitu nach dem gleichnamigen Kino-Blockbuster von Michael „Bully“ Herbig hob sich nach Monaten des Stillstands schließlich am 14. Oktober der Musical-Vorhang im Deutschen Theater endlich wieder. Im Lauf der kommenden Wochen und Monate hatte das Theater aber weiterhin mit Schwierigkeiten wie Unterbrechungen des Spielbetriebs aufgrund der Corona-Pandemie und Beschränkungen der Besucherkapazität auf 25% zu kämpfen. Auch die geplante und bereits auf zwei Wochen verkürzte Ballsaison Anfang 2022 musste letztlich komplett abgesagt werden. Mit dem 1. Februar 2022 wurde Thomas Linsmayer vom Aufsichtsrat als kommissarischer Geschäftsführer das Theaters und als Nachfolger von Carmen Bayer und Werner Steer berufen. Ein halbes Jahr später folgte die Bestätigung von Thomas Linsmayer als Geschäftsführer für weitere fünf Jahre.