Geschichte
Traditionshaus mit bewegter Geschichte
Glanzvoll und skandalumwittert, von beispiellosem Luxus und doch von der Pleite bedroht – 1896 hebt sich der Vorhang im Deutschen Theater mit einem Paukenschlag. Architekt Alexander Bluhm pumpt sich sogar noch die Mittel für den roten Teppich! Aus der vielgerühmten Schwanthaler Passage wird schnell die “Schwanthaler Blamage”, die von der “Schwanthaler Bagage” in den Ruin getrieben wurde. Ihren Namen “Deutsches Theater” erhielt die Passage dann zur Eröffnung als Schauspielhaus in Anlehnung an das Berliner Vorbild, der Kultstätte des Naturalismus. Seit dem Silvesterball 1896 ist das Deutsche Theater auch die Faschingshochburg Münchens. Festlich geschmückt verwandelt es sich jedes Jahr im Januar und Februar in Europas schönsten Ballsaal.
Kaum eröffnet Schauspieldirektor Meßthaler das Deutsche Theater, bahnt sich der nächste Skandal an: Das Haus stellt sich als denkbar ungeeignet für das psychologische Drama, also für die Kunst Meßthalers heraus. Nach einem aufsehenerregenden Abgang Meßthalers muss auch Alexander Bluhm seinen Hut nehmen. Ihm folgen Viktor Naumann und, im April 1897, Emil Drach, der spätere Gründer der Münchner Kammerspiele, nach. Beide werden aufgrund finanziellen Mißerfolgs entlassen.
Hugo Oertel, ein Varieté-Mann, übernimmt von nun an die Geschicke des Hauses. Von der Jahrhundertwende bis in die zwanziger Jahren hinein ist das Deutsche Theater das “vornehmste Varieté der Residenz” und bietet die ganze Bandbreite europäischer Komödianten, Komiker, Akrobaten, Tänzer, Charakterdarsteller und Unterhaltungsmusiker – allerdings ohne Gewinn zu erwirtschaften.
1900 übernimmt die Spatenbrauerei die heruntergewirtschaftete Konkursmasse Deutsches Theater und bringt das Haus mit der Kombination aus Speis & Trank und leichtes Amüsement wieder in die schwarzen Zahlen.
Im ersten Kriegsjahr 1914 sperrt das Deutsche Theater für zwei Monate zu, um das Programm nach seiner Wiedereröffnung treudeutsch zu gestalten – alle Internationalität ist von nun an verpönt.
Nach einem kurzen Revolutionsgastspiel als Parlament des Volksrates Bayern 1918 übernimmt Hans Gruß, ein Sachse, das Theater und präsentiert opulente Ausstattungs-Revuen. Da kommen die Tiller-Girls aus New York, da zeigen “Schönheitstänzerinnen” ihre verhüllten Reize, da narrt Karl Valentin mit seinen skurrilen Parodien. Seit 1922 ist der spätere Hit- und Filmkomponist Peter Kreuder (“Ich wollt’ ich wär‘ ein Huhn”; “Sag beim Abschied leise Servus”; “Ich brauche keine Millionen”) musikalischer Leiter und Dirigent des Deutschen Theaters. Bereits zuvor hatte er für Theaterdirektor Gruß gearbeitet und schon mit 16 Jahren als Pianist im Silbersaal für beste Stimmung gesorgt. Für volle Kassen sorgt dagegen die brachiale Unterhaltung: das Deutsche Theater wird Schauplatz internationaler Box- und Ringkämpfe.
Josephine Baker (Auftrittsverbot 1929)
Im Jahr 1929 verpflichtete Direktor Hans Gruß die amerikanische Revue-Tänzerin Josephine Baker. Der Auftritt wurde jedoch von den Münchner Behörden verboten – und so zum Vorboten des Kulturverständnisses der immer stärker werdenden Nationalsozialisten. Man sah in dem geplanten Auftritt der „Negernackttänzerin“ eine Verletzung des öffentlichen Anstandes. Auch die Kirchenoberen in München begrüßten das Auftrittsverbot, gegen das Gruß in einem Schreiben heftig protestierte. „Heute will man mir die Fähigkeit absprechen, ob ich eine Artistin und wie ich sie auftreten lassen kann, damit die Wohlanständigkeit der Besucher nicht verletzt werde“, schreibt er darin. „Ich glaube auch ohne behördliche Vorschriften unterscheiden zu können, wie die Forderungen der Kunst mit denen der Sittlichkeit in Einklang zu bringen sind. Ich überlasse es jedem denkenden Bürger der Stadt München und Staatsbürger Bayerns, sich seine eigene Meinung zu bilden. Audiatur et altera pars.“
1935 gerät Hans Gruß durch Aufführung von Stücken jüdischer Autoren ins Schussfeld nationalsozialistischer Interessen, was zusammen mit finanziellen Problemen sein Ende als Theaterleiter bedeutet. Sein Nachfolger wird Paul Wolz, der die Spielplangestaltung von Gruß größtenteils beibehält. Revue und Varieté unterhalten die Münchner auch während des 2. Weltkrieges, bis das Deutsche Theater 1943, am Faschingsdienstag nach einer Vorstellung von Willy Reichert, von Bomben schwer beschädigt wird. Bereits am Tag darauf verlegt Paul Wolz den Betrieb ins Theater Colosseum im Glockenbachviertel in der Ickstattstraße. Ab 1946 dann in den Kongresssaal des Deutschen Museums.
Karl Valentin & Liesl Karlstadt („Die Raubritter von München“, 1934)
Karl Valentin begann seine künstlerische Karriere als Musikclown und Solokomiker in der Tradition der Münchner Volkssänger und sah sich zeitlebens selbst als Volkssänger. Berühmte Künstler und Kollegen wie Bert Brecht oder Kurt Tucholsky schätzten ihn schon zu seinen Lebzeiten als ganz einzigartiges Phänomen. Thomas Mann sammelte Valentins Schallplatten und konnte Textstellen aus dessen Dialogen auswendig. Auch auf der Bühne des Deutschen Theaters war der legendäre Humorist gemeinsam mit Liesl Karlstadt in Stücken wie „Die Raubritter von München“ (1934) oder in einer Parodie auf die Riemer Rennwochen (1938) mehrmals zu erleben. Eines seiner bekanntesten Stücke, „Die Orchesterprobe“, zeigen wir gemeinsam mit dem ValentinKarlstadt-Theater ihm zu Ehren regelmäßig in unserem historischen Silbersaal.