News aus dem deutschen Theater
08.01.2020
So war die Premiere von Berlin Berlin
Der Startschuss in die 2020er fiel im Deutschen Theater so glitzernd, glanzvoll und glamourös wie es ihr Pendant der 1920er Jahren verheißen hat: Am 8. Januar feierte die stürmische Revue Berlin Berlin – Die große Show der Goldenen 20er Jahre ihre glänzende Münchenpremiere. Zuschauer und Promis – viele von ihnen stilecht gekleidet in Paillettenkleid, Federboa, Smoking und mehr – strömten voll Vorfreude ins Theater. „Ich freue mich vor allem auf Josephine Baker (Dominique Jackson). Etwas Erotik, das passt ja zu mir“, lacht Günther Sigl von der Spider Murphy Gang.
Insbesondere die drei Burlesque-Künstlerinnen Chi Chi Bouvet von den Filly Follies, Bettie Berlin und Melody D’Amour stechen durch ihre extravaganten und originalgetreuen Outfits hervor. „Die große Diva Marlene Dietrich war natürlich schon immer eine Inspiration für uns“, erzählen sie. „Wir freuen uns darauf, ihr Double (Nina Janke) heute auf der Bühne zu erleben.”
Der Vorhang hebt sich im Admiralspalast
Der rote Samtvorhang hebt sich, die Show beginnt, der Conférencier (Martin Bermoser) breitet die Arme aus und heißt die Zuschauer gemeinsam mit seinem quirligen Ensemble im Berliner Admiralspalast zur Zeit der Roaring Twenties willkommen, den die Cast gekonnt nach München versetzt. In den folgenden zweieinhalb Stunden reißen kecke Darsteller/innen die Theatergäste in einen rasanten Strudel aus unsterblichen Hits und hemmungslosen Tänzen wie Charleston oder Lindy Hop mit. Besonders Sophia Euskirchen als Anita Berber begeistert: “Was für eine Stimme! Einfach toll”, schwärmt Schauspieler Sepp Schauer. Für die meisten Lacher des Abends sorgte mit Sicherheit Sebastian Prange als “Kutte”, die rechte Hand des Conférenciers.
Während der gesamten Show herrscht Bombenstimmung auf und vor der Bühne. “Ein fantastischer Abend ist das hier”, findet Kabarettistin Luise Kinseher. Im restlos ausverkauften Saal wippt, klatscht und feiert das Publikum beim Tanz auf dem brodelnden Vulkan ausgelassen mit. Evergreens wie „Just A Gigolo“ fahren in die Füße und bei so manchem Song muss man einfach einstimmen. Also: „Im weißen Rössl am Wolfgangsee, dort steht das Glück vor der Tür. Und ruft dir zu: Guten Morgen! Tritt ein und vergiss deine Sorgen…“
Ein kleines bisschen Glück
Es ist zwar weder „Wochenend“ noch „Sonnenschein“, aber insbesondere die Ohrwurm-Hits der Comedian Harmonists finden beim Publikum jubelnden Anklang. Nachdenklicher, fast schon wehmütig wird es bei Liedern wie „Irgendwo auf der Welt“, die die Brücke zu den dramatischen politischen Entwicklungen der vermeintlich „Goldenen“ Zwanziger schlagen.
Berlin Berlin zeichnet so ein authentisches Bild dieser verrückten Zeit, in der Weltwirtschaftskrise und drohender Krieg den Menschen das Gefühl gaben, das Ende der Welt sei nah – und dieser bedrückenden Stimmung entflohen sie mit immer heftigeren Partys, opulentem Entertainment und prickelnder Vergnügungslust. Und das „kleine bisschen Glück“ findet man damals wie heute bei den ungehemmten Revuen im Berliner/Münchner Admiralspalast. Noch beim Hinausgehen tänzeln und summen viele Gäste. Schauspieler Horst Kummeth fasst es zusammen: „Die Show ist furios, die Stimmen gigantisch und die Choreografien und Kostüme passen super, man wird richtig in diese Zeit zurückversetzt.”
Eindrücke
Fotos: Susanne Brill