News aus dem deutschen Theater
17.03.23
Vorhang auf für die Musical-Stars von morgen
Viele Musical-Stars wie Patrick Stanke, Miriam Neumaier und Roberta Valentini machten ihre ersten Bühnenerfahrungen während ihrer Ausbildung an der Theaterakademie August Everding. Seit 2015 präsentieren deren Studentinnen und Studenten aus dem Master-Studiengang Musical jedes Jahr ihr Können in unserem Silbersaal. In Produktionen, wie Into the Woods, Palast des Lächelns und Der kleine Horrorladen kann das Publikum einen ersten Blick auf die Musicalstars von morgen erhaschen. Morgen feiert das Musical Baby von David Shire Premiere. Wir haben mit Regisseurin Silvia Armbruster über das Stück und die Musical-Ausbildung gesprochen.
Das Musical Baby wurde 1983 am Broadway uraufgeführt. Worum geht es?
Silvia Armbruster: „Es geht um drei Paare, die ein Kind erwarten oder hoffen eines zu erwarten. Das erste ist ein sehr junges Paar, das am Anfang ihres Studiums steht. Für die beiden ist die Schwangerschaft überraschend und zunächst beängstigend. Das zweite Pärchen möchte seit zwei Jahren dringend ein Kind – jetzt scheint es endlich geklappt zu haben. Das dritte Pärchen hat eine achtjährige Tochter, die gerade in die Ballettschule gegangen ist. Das ist also eigentlich ein Paar, das sich gerade schon darauf eingestellt hatte, nun ohne Kind zu leben. Doch dann kommt die nächste Schwangerschaft. Jedes der Kinder löst in der Partnerschaft ganz eigene Konflikte aus, die zum Teil komisch und zum Teil auch tragisch sind – wie man es eben aus dem Leben kennt.“
Was macht das Musical besonders?
Silvia Armbruster: „Besonders ist vor allem das Thema. Ich kenne kein Schauspielstück, dass sich nur mit dem Thema beschäftigt, was in einem Paar passiert, das schwanger wird. Wir verfolgen drei Paare von dem Zeitpunkt, in dem sie erfahren, dass sie schwanger sind, bis zur Geburt – also genau diese neun Monate. Ich finde, es ist ein Thema, an dem wir stark teilhaben können. Denn das sind Fragen, die sich jeder in seinem Leben irgendwann einmal stellen muss: Will ich Kinder? Will ich keine Kinder? Mit wem will ich Kinder? Wie will ich Kinder? … Insofern geht das Musical an ein ganz zentrales Thema, das unabhängig von sozialer Schicht, Bildung und Vermögen jede und jeden betrifft.
Das Libretto ist über weite Strecken sehr witzig und geistreich geschrieben. Und man merkt, dass mit Sybille Pearson eine Frau über das Kinderkriegen nachdenkt und nicht ein Mann. Die Vertonung ist allerdings von einem Mann. Hier hat David Shire, der bereits für große Sängerinnen und Sänger wie Barbra Streisand geschrieben hat, einen Ohrwurm nach dem anderen geschaffen.“
Das Stück wurde in Deutschland bisher kaum gespielt. Was sind die Herausforderungen?
Silvia Armbruster: „Das hat natürlich immer mit dem konkreten Rahmen zu tun. Hier sind wir im Silbersaal des Deutschen Theaters, der sehr schön ist, aber der das Kammerformat verlangt. Wir machen also kein riesiges Musical mit vierzig Menschen im Orchester, sondern müssen alles klein und kompakt halten. Wir haben jetzt eine Band, bestehend aus Klavier, E-Gitarre und Schlagzeug und in der Original-Orchestrierung spielt eine Big Band. Die erste Herausforderung ist also, den Witz und das, was groovt und swingt zu transportieren. Mein Eindruck ist, dass das gut gelingt.
Im Original ist ein großer Chor dabei – wir haben das auf sechs Sängerinnen und Sänger reduziert. Dazu gibt es einen Spieler, Marco Beck, der verschiedene Rollen und gleichzeitig das Schlagzeug spielt. Hier entfalten wirklich ganz wenige Menschen viele Talente und müssen alle an einem Strang ziehen. Das ist eine starke Ensemble-Leistung.”
Sie unterrichten jetzt seit 20 Jahren an der Theaterakademie August Everding. Was ist die Besonderheit in der Arbeit mit den Studierenden?
Silvia Armbruster: „Da ich auch Theatergeschichte unterrichte, lerne ich die Studentinnen und Studenten bereits im ersten Jahr kennen. Ich kann also zusehen, wie sie sich entwickeln. An der Hochschule gibt es zudem eine Gesangsdozentin und eine Tanzdozentin, mit denen ich gemeinsam die Produktion auf die Beine gestellt habe. Wir drei kommen aus einer langjährigen und intensiven Zusammenarbeit und verfolgen ein gemeinsames pädagogisches Ethos. Denn wir möchten alle, dass die Studierenden erfolgreich aus der Hochschule aussteigen und im Beruf gut unterkommen. Und das gelingt!“
Dafür drücken wir die Daumen. Wie geht es für die Studentinnen und Studenten nach der Masterclass weiter?
Silvia Armbruster: „Aktuell sind die Studierenden im ersten Semester des Masterstudiengangs. Im Anschluss führen sie im Prinzregententheater eine weitere Produktion auf, ehe sie dann im März 2024 fertig sind. Und dann gehen sie in Engagements: ins Schauspiel, an ein Musicaltheater, an Häuser, in denen Oper und Musical gespielt werden oder sogar in Tanz-Ensembles. Die Musical-Ausbildung muss ja alle drei Bereiche umfassen, viele haben jedoch ein besonderes Talent, an dem sich dann auch der weitere Lebensweg orientiert.“
Wir bedanken uns bei Silvia Armbruster für das Gespräch. Das Musical Baby können Sie im Rahmen der Masterclass im Silbersaal an insgesamt fünf Terminen im März und April erleben. Weitere Infos und Tickets finden Sie hier.
