Tristan Brusch
Das Deutsche Theater München präsentiert
Popmusik mit Tiefgang
Großartige Popmusik mit Tiefgang, aber keine Scheu vor der großen Geste und Harmonie. Das zeichnet die Songs von Tristan Brusch aus. Am 24. März erscheint sein neues Album „Am Wahn“. Im Herbst geht der Songschreiber, Musiker, Sänger und Poet, bei dem einem berühmte Kollegen wie Jacques Brel oder Serge Gainsbourg in den Sinn kommen, damit dann auf Tournee.
Eindeutig-vieldeutige Texte
Was es hierzulande ja gar nicht mal so oft gibt: Vieldeutigkeit im Pop. Wir Deutschen singen, sagen und erklären schon wirklich sehr gerne ganz genau, was gemeint ist. Und zwar so, dass es auch der letzte versteht. Präzision wird eben hoch geschätzt im Land der Ingenieure. Das ist ehrenhaft, führt im Zusammenhang mit Musik aber oft zu Vorhersehbarkeit und schwer pädagogischem Unterton. Insofern ist es gut, dass es auch Songschreiber und Sänger wie Tristan Brusch gibt. Der 34-Jährige gehört jener raren Spezies von Sängern an, die den spielerischen Umgang mit eindeutig-vieldeutigen Metaphern in Liedtexten bravourös beherrscht. Bei Tristan Brusch bedeutet ein Song immer ganz genau das, was er für die Hörerin oder den Hörer im Moment des Hörens bedeutet, also theoretisch mehr oder weniger alles. Die höchste Kunst überhaupt.
Es geht nicht nur um die Worte
Zur Perfektion führte er diesen Umgang mit der angeblich so schwierigen deutschen Popsprache bereits 2021 auf seinem letzten Album Am Rest, mit dem direkten Nachfolger Am Wahn gibt er seiner Dichtkunst nun endgültig den letzten Schliff. Brusch hat verstanden: Im Pop geht es niemals nur um die Worte, die man singt, sondern immer um die Mischung aus Vortrag, Text, Melodie, Instrumentierung und Arrangement. Erst aus all diesen Komponenten formen sich letztlich Temperatur und Bedeutung eines Songs. „Wenn ich in meiner Musik etwas ganz Eindeutiges sage, schäme ich mich regelrecht, weil ich damit automatisch so viele Sichtweisen ausschließe“, sagt Tristan Brusch. „Ich finde es viel interessanter, nicht auf die Nase gebunden zu bekommen, wie man sich zu fühlen hat und also die Reaktion auf ein Lied in der Person selbst entstehen zu lassen.“
Himmelhochjauchzend zu Tode betrübt
Bruschs Lieder sind himmelhochjauchzend zu Tode betrübt und gleichzeitig wahnsinnig erhaben und stolz, weil sie das Leben in allen Facetten kennen und keine Schönfärberei betreiben. Jacques Brel oder Serge Gainsbourg kommen einem in den Sinn und dazu schwelgen und wimmern die Streicher wie in den großen Tagen des europäischen Schlagers und Chansons. Man denkt aber auch an Scott Walker und ein bisschen an Element of Crime, weil Bruschs assoziativ freie Art zu texten der von Sven Regener nicht unähnlich ist, wenngleich Brusch deutlich deftiger zu Werke geht. Vor allem denkt man bei dieser Musik ohnehin an Tristan Brusch selbst, und an die beeindruckende Entwicklung, die dieser Mann genommen hat. Wie der in Gelsenkirchen geborene und in Tübingen als Kind einer hochmusikalischen Familie aufgewachsene Brusch sich in den Jahren seit seinen ersten EPs und dem Debüt Paradies zu einem der mitreißendsten und wirkmächtigsten deutschen Songschreiber, Chansoniers und Performer entwickelt hat, gehört zu den inspirierendsten und tollsten Popgeschichten der vergangenen Jahre.