News aus dem deutschen Theater
AUF EINER LINIE MIT BIZET
Carmen zählt zu den bekanntesten und meistgespielten Titeln des Opernrepertoires. Grammy- und Tony-Award-Preisträger Alex Lacamoire ist mit Carmen la Cubana eine Neuinterpretation der Originalkomposition gelungen, die Opernkenner wie Musicalliebhaber gleichermaßen anspricht. Der Arrangeur und Komponist mit kubanischen Wurzeln reichert die hispanisch akzentuierten Klangbilder aus Bizets Partitur mit verwandten Mustern des Latin Sounds an. Lacamoire, der für seine Orchestrierung der Broadwayhits Hamilton (2016) und Dear Evan Hansen (2017) mit dem Tony Award ausgezeichnet wurde, schlägt mit Carmen la Cubana eine konsequente musikgeschichtliche Brücke, denn auf Kuba fanden verschiedene Lied- und Tanzformen wie etwa die „Habanera“ ihren Ursprung. Wir haben mit Lacamoire in Kuba gesprochen.
Alex Lacamoire wird 1975 in Los Angeles als Sohn kubanischer Exilanten geboren und entwickelt früh eine ausgesprochene Freude an der Musik. „Sie hat immer eine bedeutende Rolle in meinem Leben gespielt“, sagt er. „Als ich zwei Jahre alt war, saß ich anscheinend vor den Lautsprechern der Stereoanlage meiner Eltern und war hypnotisiert von den Tönen, die dort herauskamen. Mit drei Jahren habe ich dann angefangen, Klavier zu spielen.“
1984 zieht die Familie nach Miami, die neue Heimat einer ganzen Generation von Kubanern, die sich dazu entschlossen hatten, lieber ins Exil zu gehen, als unter dem Castro-Regime zu leben. Dort erhält der junge Mann eine Ausbildung ganz nahe an seinen Wurzeln. „Miami ist das Zentrum der kubanischen Kultur in den Vereinigten Staaten. Ich wurde sehr schnell davon ergriffen.“ Nachdem er sich in zwei Schulen eingeschrieben hatte, die bekannt für ihre Kunstausrichtung sind – die Southwood Middle School und die New World School of the Arts –, wechselt er mit 18 Jahren an das renommierte Berklee College of Music in Boston, wo er ein herausragendes Musikstudium absolviert.
Die Vielfalt der Musik
„Ich verdanke Berklee sehr viel. Vom ersten Tag an fand ich mich dort in einer Atmosphäre, in der ich spielen, studieren und ein Teil einer Gruppe von Musikern werden konnte. Ich konnte am Morgen Unterricht über Strawinsky haben, am Nachmittag eine spezielle Lektion über Jazz bekommen und mich am Abend in einem Club wiederfinden, um die Musik von Queen zu spielen, das war großartig! Ich denke, diese Vielfalt und die Tatsache, dass ich mich in keinem Musikstil fremd fühle, waren ideal für meine Ausbildung. In Berklee hat man mir beigebracht, offen für aktuelle Musik und neue Stilrichtungen zu bleiben, unterschiedliche Musikrichtungen zu hören und, ohne ein Experte in all diesen Ausdrucksformen zu sein, zumindest eine ausreichende Kenntnis jeder einzelnen zu haben. Berklee hat mir den Wunsch mit auf den Weg gegeben, zu lernen und mir erlaubt, Künstler zu entdecken, von deren Existenz ich nichts ahnte.“
Der erste Tony Award, der erste Grammy
1995 verlässt Alex Lacamoire Berklee mit einem Diplom und dem besten Durchschnitt seiner Klasse. Sechs Jahre später macht er seine ersten Schritte am Broadway. Als musikalischer Leiter ist er verantwortlich für die Orchestrierungen und die Arrangements in Produktionen wie Wicked 2005, High Fidelity 2006 und Legally Blonde 2007. Im folgenden Jahr beginnt die Arbeit an In the Heights von Lin-Manuel Miranda. Die Handlung spielt in einem Latinoviertel im Norden Manhattans und erzählt von den Veränderungen, die durch die Ankunft neuer Bewohner entstehen. Die Musik von Miranda ist fast vollständig lateinamerikanisch inspiriert, eine Neuheit am Broadway zur Zeit der Premiere im März 2008. Der Mut wird belohnt: In the Heights erhält den Titel „Beste musikalische Komödie der Saison“ und bringt Alex Lacamoire einen Tony Award und einen Grammy ein.
Dem langanhaltenden Erfolg von In the Heights – das Stück endet 2011 nach 1184 Vorstellungen – folgt die Neuproduktion Hamilton, die 2015 den Broadway erobert. Die musikalische Komödie basiert auf dem Leben Alexander Hamiltons, des ersten Finanzministers der Vereinigten Staaten in der Regierung unter George Washington. Im Kontrast zum historischen Stoff schöpfen Sprache und Musik aus Hip-Hop und Rap. Die Hauptrollen sind mit afroamerikanischen oder lateinamerikanisch-stämmigen Darstellern besetzt. Als Orchestrator des Stücks erhält Lacamoire einen weiteren Tony Award, ein Erfolg, der sich auch in der Folgearbeit Dear Evan Hansen mit einem Grammy und einem Tony Award 2017 fortsetzt. Auch im Filmbereich setzt sich Lacamoire durch. 2018 wird der von ihm für den Musicalfilm The Greatest Showman (mit Hugh Jackman) produzierte Titel „This is Me“ für einen Oscar nominiert.
Alex Lacamoire, 1975 in Los Angeles geboren, absolvierte nach dem Besuch der New World School of the Arts am Berklee College of Music sein Studium mit Bestnoten in den Fächern Jazz, Arrangement und Filmmusik. Seither arbeitet der Amerikaner mit kubanischen Wurzeln als Komponist, musikalischer Leiter und Supervisor sowie als Dirigent und Notensetzer.
„Habanera“ im Cha-Cha-Cha-Tempo
Mitten in den Vorbereitungen zu In the Heights meldet sich der Regisseur Christopher Renshaw bei Alex Lacamoire: „Chris hat eine große Leidenschaft für die lateinamerikanische Kultur. Eines Tages hatte er die Idee, eine kubanische Carmen aus der Carmen Jones von Oscar Hammerstein zu formen.